Moment der Stille

Und dann sind da diese Momente, in denen ich ganz in meiner Erinnerung versinke. Ich spüre ihn wieder hinter mir, fühle seine Seile auf meiner Haut. Seine Kraft, wenn er sie so fest zuzieht. Ich bin irgendwo. Vielleicht in der Bahn. Doch die Welt verschwimmt und der Augenblick meiner Erinnerung wird viel realer als dieses banale Schauspiel um mich herum. Dann fällt meine Maske und ganz kurz erlaube ich den Menschen, mich so zu sehen wie ich wirklich bin. Irgendwann erwache ich wieder aus meinem Traum und spüre die Blicke der Männer auf mir. Manche fühlen sich ertappt und schauen schnell weg. Manche, die Mutigen, werfen mir ein Lächeln zu. Ich frage mich, ob sie mir meine Hingabe ansehen. Meine unanständigen Gedanken und verdorbenen Fantasien, wenn ich an ihn denke. Die Lust und die Bereitschaft. Den Wunsch zu dienen und gehorsam zu sein. Ob sie nur ein einziges Mal besitzen wollen, was ihm so bedingungslos gehört. Und ob sie wissen, dass es ihnen vielleicht niemals eine Frau schenken wird.

Ich schäme mich ein bisschen, will mein Innerstes überhaupt nicht zeigen. Doch ich kann mich auch nicht dagegen wehren, dass er in diesen Momenten Besitz von mir ergreift. Dass er plötzlich bei mir ist und mich leise daran erinnert, wo mein Platz bei ihm ist. Genieße meine Demut und die lüsterne Geilheit, die sie in mir hervorruft. Manchmal lächelt mir dann mein Spiegelbild aus irgendeiner Scheibe zu. Wenn ich an einem Schaufenster vorbeilaufe, mich kurz ansehen möchte und verwundert feststelle, wie sehr ich mich verändert habe. Meine Körperhaltung ist viel gerader geworden. Meine Bewegungen langsamer. Mein Gang weiblicher und meine Schritte sicherer. Mein Blick sanfter und meine Ausstrahlung ruhiger. Das Lächeln dieser Frau ist mir vertraut. Sie ist dieselbe geblieben und auch wieder nicht. Vielleicht ist sie viel mehr das geworden, was sie eigentlich schon immer gewesen ist und nie wirklich hat sein dürfen. Vielleicht hat sie nun einen Ort dafür gefunden und mit jedem Augenblick, den sie dort verbringen darf, kann sie mehr davon mit in den Alltag nehmen. Die fehlenden Teile ergänzen.

Kann ein Mensch Erfüllung darin finden zu dienen? Meine Familie und die Gesellschaft haben immer anderes von mir erwartet. Als wäre es etwas Schlechtes, sich unterzuordnen. Doch das ist es nicht, wenn man sich in gute Hände begibt. Die Kunst dabei ist nur, sich selbst nicht zu verraten. Seinem Willen zu entsprechen und sein Wohl im Fokus zu behalten ohne vom eigenen Weg abzukommen. Ich glaube, dass ich das kann. Weil ich sehr genau weiß, was gut für mich ist. Ich bin eine gefestigte Persönlichkeit und eine kluge Frau. Habe eine Meinung und kenne meine Bedürfnisse. Kann mir selbst genügen, mache mich von niemandem abhängig. Und doch will ich mich in all dem ihm unterwerfen. Ja, ich kann Erfüllung darin finden zu dienen. Es bereitet mir so viel Lust. Ich liebe es, meinen Körper vor Geilheit zittern zu lassen. Den bittersüßen Rausch, den Schmerz und Angst in mir auslösen. Die Gier und die Nässe. Das Adrenalin. Aber auch das Vertrauen, das manchmal nötig ist und die Echtheit dieser Begegnungen, wenn sich zwei Menschen gemeinsam durch ihre Abgründe treiben lassen. Wenn sie miteinander teilen können, was tief in ihnen verborgen ist. Für einen Moment, der Isolation des eigenen Selbst entfliehen, seine Grenzen überwinden und neue Welten entdecken können.

Ich mag es gehorsam zu sein. Das Gefühl der Enttäuschung, wenn mir etwas verboten ist. Die Freude, wenn ich etwas richtig mache. Das Glück, wenn er sagt, dass er stolz ist. Die Angst nicht gut genug zu sein. Den Genuss daran, ihn genießen zu sehen. Die Verzweiflung, wenn ich etwas falsch gemacht habe. Den Wunsch zu lernen und ihm eine Freude zu sein. Die Akzeptanz, dass sein Wille meinem übergeordnet ist. Die Selbstverständlichkeit mit der ich und mein Körper auf seine Befehle reagieren. Ich liege in meinem Bett. Tippe diese Zeilen, während der Regen sanft und leise gegen das Fenster prasselt. Ich lausche ihm und folge den Tropfen auf ihrem Weg. Fort von hier, hinein in meine Erinnerung. Draußen ist es schon lange dunkel und die Welt schläft tief. Nur ich bin wach. Ein gedämpftes Licht, das warm ins Außen dringt. Ein Moment der Stille, der ihm allein gehört.

Der unbändigen Zähmung

Du bist mein Fels in der Brandung. Eine feste, unveränderliche Größe in dieser flüchtigen Welt. Ich habe keinen Einfluss auf dich. Du bestimmst den Rahmen und meine Grenzen. Ich lasse mich fallen. Wenn ich etwas mache, was dir nicht gefällt, bleibst du ruhig. Du ärgerst dich nicht, denn ich habe nicht die Macht, dich zu verärgern.

Manchmal stellst du nur eine knappe Frage, die mir zeigt, dass ich etwas falsch gemacht habe. Manchmal weist du mich leise zurecht oder sagst, was du von mir erwartest. Milde lächelnd, weil dir bewusst ist, dass du die Leine in der Hand hälst. Weil du weißt, dass ich mich von dir führen lasse, wenn du es wirklich willst. Es ist deine Entscheidung, ob du mich gewähren lässt. Das bekomme ich zu spüren. In diesen Momenten, in denen du meine Angst und meinen Schmerz willst. In denen ich dir ausgeliefert bin. Wenn er da ist. Der Drache. Vor ihm fürchte ich mich. Er lässt mich schwach und erschöpft zurück, aber dann kommst du wieder und hältst mich fest.

Es ist seltsam, wie bereitwillig ich dir folge. Dein Zauber lässt mich glauben, dass ich alles freiwillig gebe. In deinen Fesseln fühle ich mich frei. Denn du kennst die Knoten, die mich ausbrechen wollen lassen würden. Du bist sehr geschickt darin, mir das Gefühl zu geben, ich hätte eine Wahl. Das ist deine Kunst. Manches nehme ich wahr. Das ist aber vermutlich nur ein kleiner Teil. Natürlich spielst du mit meiner Angst und mit dem Wunsch, dir zu gefallen.

Wobei ich nicht begreife, warum ich Strafe fürchte. Du bestrafst mich ja nicht und du tust mir auch so weh. Weil du es willst. Weil du Spaß daran hast, mich zu quälen. Meine Angst und meinen Schmerz genießt. Doch du kannst sehr gut erklären. So, dass ich verstehe, was dir gefällt und was nicht. Ich möchte nicht, dass du mir etwas erklären musst.

Manchmal lässt du die Leine locker, dann laufe ich und vergesse kurz, dass ich gebunden bin. Ich kann sein, wie ich bin. Sagen, was mir in den Sinn kommt. Tun, was ich möchte. Aber es ist nur eine scheinbare Freiheit, denn du holst mich zurück auf den Boden, wenn dir danach ist. Ich gehorche. So selbstverständlich, dass es mich manchmal erschrickt, wenn ich es bemerke.

Am Anfang hast du mal gefragt, wie wichtig mir meine eigene Sexualität sei. Ich habe geantwortet, sie sei mir sehr wichtig. Bei dir stimmt das nicht so ganz. Dein Genuss ist mir viel wichtiger als meiner. Das verstehe ich noch nicht so ganz. Vielleicht reicht es aber auch einfach, das Gefühl zu genießen. Deinen Anblick, wenn du dir das nimmst, was du möchtest. Den Hunger in deinen Augen. Das Raubtier auf der Jagd.

Du bist die Konstante. Ich kann mich in deinen Fesseln winden, aber die Knoten bleiben fest. Wenn du etwas sagst, machst du es. Wenn du eine Entscheidung getroffen hast, steht sie fest. Wenn ich etwas nicht verstanden habe, erklärst du es mir. Wenn du den Drachen frei lässt, leide ich. Doch du bleibst immer da und zeigst mir den Weg. Hältst meine Hand und führst mich durch die Dunkelheit. Durch die Abgründe in uns. Die bittersüßen Momente unserer Lust.